Kurzgeschichte: Die letzte Lampe

In einer Welt, in der alles automatisiert war, saß Felix in seiner Designerwohnung und beobachtete das Panorama der Stadt. Drohnen lieferten Essen, KI schrieb seine E-Mails, und sein Smart Home erinnerte ihn sogar daran, zu trinken. Arbeit war für ihn nur noch eine nostalgische Erinnerung.

Eine futuristische Stadt in völliger Dunkelheit. Wolkenkratzer stehen reglos da, ihre Fenster schwarz, keine Lichter, keine funktionierende Technologie. Auf den Straßen herrscht Chaos: Menschen irren hilflos umher, manche mit leeren Einkaufstaschen, andere starren verzweifelt auf ihre nicht funktionierenden Smartphones. Inmitten der Szene steht ein Mann in moderner, teurer Kleidung, erschöpft auf einer Treppe sitzend, sein Blick voller Verzweiflung. Die Stadt wirkt verlassen und kalt, während ein schwaches, letztes Notlicht über einer Eingangstür flackert – das letzte Zeichen einer untergehenden Zivilisation. Die Atmosphäre ist düster und beklemmend.

Eines Abends, während er in seiner perfekt temperierten Wohnung saß, flackerte das Licht. „Komisch“, murmelte er. Sein Sprachassistent reagierte nicht. Das Smart-Grid, das die Stadt mit Energie versorgte, hatte offenbar eine Störung.

„Kein Problem, das wird gleich behoben“, beruhigte er sich. Doch die Minuten verstrichen. Dann Stunden. Seine Wohnung wurde kalt. Er wollte sich eine Decke holen – aber wo waren die überhaupt? Seit Jahren hatte er keine mehr gebraucht, sein Smart-Home regulierte die Temperatur automatisch.

Hunger meldete sich. Normalerweise bestellte er per Sprachbefehl, aber ohne Strom? Die Restaurants, die er kannte, waren alle auf Lieferung spezialisiert – ohne funktionierendes System nichts zu machen. Früher gab es noch Läden, in denen man einfach einkaufen konnte, aber die waren längst verschwunden.

Verzweifelt öffnete er den Kühlschrank. Leer. Warum sollte er Vorräte haben, wenn doch immer alles geliefert wurde? In seiner Not beschloss er, nach draußen zu gehen. Der Fahrstuhl funktionierte nicht. Treppen? Wann war er zuletzt Treppen gelaufen? Nach zwanzig Stockwerken zitterten seine Beine.

Auf der Straße war Chaos. Die Straßenlaternen waren aus, Drohnen lagen reglos auf dem Boden. Menschen irrten herum, fragten einander, was los sei. Keiner wusste es. Keiner konnte helfen. Ein Nachbar sagte, es gebe wohl eine Panne in den Kraftwerken. „Aber das ist doch automatisch geregelt?!“ rief jemand.

Die Tage vergingen. Ohne Energie verfielen die Lieferketten. Die Lagerhäuser waren voll, aber niemand wusste, wie man ohne Computer Bestellungen bearbeitete. Der Wohlstand, der sie alle so bequem gemacht hatte, war plötzlich nichts mehr wert.

Felix erkannte: Sie hatten vergessen, wie man sich selbst half. Sie hatten sich so an ihre perfekte Welt gewöhnt, dass sie unfähig waren, auch nur das kleinste Problem zu lösen.

Und während die letzte Lampe in der Stadt endgültig erlosch, dämmerte es ihm: Wohlstand hatte sie nicht nur reich gemacht – er hatte sie zerstört.



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1 Kommentar:

  1. So wahr... davor habe ich Angst... und ich wehre mich gegen zu viel Digitalisierung und vor allem gegen KI. Wenn ich darüber nachdenke, was in dieser Welt noch alles auf uns zukommt, bin ich froh, dass ich nicht mehr 25 bin. Obwohl ich gerne noch sehr lange leben möchte... aber die Menschlichkeit darf nicht verloren gehen. Eine kalte, vollständig technisierte Welt... das wäre nichts für mich.

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